Sidestream Music Album - Infos zur aktuellen Ausgabe
JAHRESWERTUNG 2024
Wenn eine Lieblingsgruppe alle Jubeljahre mal ein neues Album veröffentlicht, kann man schon davon ausgehen, dass es recht gut gefallen und abschneiden wird. Nicht so oft passiert es, dass man schon nach dem ersten Anhören von gerade mal drei Liedern - und nicht mal den stärksten - eines prallen Doppelalbums den Eindruck hat, es mit einem späteren Jahressieger zu tun zu haben. INDOCHINE sind ein hierzulande fast unbekanntes französisches Schwergewicht, welches ich - mit einer zehnjährigen Unterbrechung - seit 1987 verfolge. Mit zunehmendem Dienstalter scheint die Gruppe immer noch erfolgreicher zu werden, könnte inzwischen auf jahrelang ausverkaufte Dauertournee mit toller Bühnenshow durch die größten Hallen und Arenen der französischsprachigen Welt gehen. Ein Genuß, den ich mir zum 41. Geburtstag meiner privaten Hitparade dann auch mal gönnen werde. Mehrmals schien die Gruppe am Ende, kreativ wie personell, um dann auf höherem Level weiterzumachen. Auch bei mir sind sie inzwischen deutlich erfolgreicher als sie es mit qualitativ besseren Werken jemals waren. Durchhaltevermögen zahlt sich aus, zumal ihre synthieorientierte Musik inzwischen ein Alleinstellungsmerkmal darstellt und elektronische Musik allgemein wieder im Kommen zu sein scheint. Für die olympischen Feierlichkeiten wurden sie jedoch unverständlicherweise komplett vergessen. Möglicherweise weil ihre klaren Ansagen gegen Putin, Trump, Musk & Co. doch etwas zu politisch und unbequem sind. Dabei ist die Moral ihres Jahressieger-Albums recht simpel: Der Kampf um die Gegenwart mag noch so hoffnungslos sein, der Kampf um die Zukunft hingegen ist noch lange nicht verloren. Ohne Wille und Mut zur Veränderung wird es jedoch nicht gehen und auch nicht ohne die Kraft, den babelesk eskalierenden Misstönen und Widrigkeiten etwas Reines und Wahrhaftiges entgegenzusetzen.
Spannend wäre es gewesen, hätten sich die MANIC STREET PREACHERS nicht dem Konkurrenzkampf entzogen, indem sie ihre neueste Veröffentlichung ins Jahr 2025 gelegt haben. So kamen einige andere Künstler wie MAUSTETYTÖT und die BRIDGE CITY SINNERS zum Zuge, die bislang nur Achtungserfolge erzielten. Eine besondere Erwähnung verdient hier die Ein Mann-Singer/Songwriter-Version von OASIS, JAKE BUGG, der seit gefühlt 20 (tatsächlich 10) Jahren auf den ganz großen Durchbruch wartet und einfach konstant ordentliches Material abliefert, von dem leider viel zu wenig Interessenten Notiz nehmen.
Konstant waren auch ein weiteres Mal TRAVIS, die sich seit ihrem Durchbruch vor 25 Jahren eigentlich immer sehr gut und längerfristig platzieren konnten. Ähnliches gilt leicht abgeschwächt für JOHNOSSI. Die irischen Folker THE JEREMIAHS hingegen waren eine recht unverhoffte Entdeckung. Einfach nur ein spontan und erwartungslos eingeschobener Konzertbesuch mit erheblichem Mitnahme- und Ohrwurm-Effekt. Bleiben noch eine Wiederentdeckung (BETH HART) sowie eine ESC-(GÅTE) und - erstaunlicherweise - sogar eine Feuilleton-Entdeckung (ZAHO DE SAGAZAN), die im Gegensatz zum Sieger nicht nur bei Olympia für sich werben konnte.
|