Sidestream Music Album - Infos zur aktuellen Ausgabe
Etwas verspätet --- aus Gründen. Zudem waren die Abstände auf den Plätzen extrem knapp.
JAHRESCHART 2021
Eingängigkeit, gute Durchhörbarkeit, ein hohes Niveau ansprechender hit- und ohrwurmtauglicher Musikstücke – das ist normalerweise die Währung in dieser Kategorie. Um Kult und reinen Spaß geht es eher mal nebenbei; jedenfalls reicht das normalerweise nicht für mehr als temporäre Schwelgereien. Man kann es durchaus als Pandemie-Folge begreifen, dass das 2021 etwas anders war.
Der Eindruck, dass die Musik generell beliebiger und schnelllebiger geworden ist, hat sich durch die Pandemie eher noch verstärkt. Es gab in diesem Jahr eine große Schwemme eher mittelprächtiger Alben. Vielleicht tut man dem ein oder anderen Werk damit unrecht, weil die Erwartungshaltung, die Musik könne eine Art Gegengewicht zum auch im zweiten Jahr frustrierend abnormen Alltag schaffen, doch etwas zu groß war. Denn offenbar bedarf auch der Musenkuss der reichhaltigen Erfahrung des prallen Lebens und erweist sich im monatelangen abgeschotteten Lockdown allein mit sich selbst als eher blasse selbstreferentielle Kopie.
Sie kommen von einer Insel, tragen ungewöhnliche Namen, haben einen seltsamen Akzent und spielen eine recht rohe bis rockige Variante klassischer keltischer Folkmusik. Diese Beschreibung trifft nicht zufällig auf den aktuellen Jahressieger aber auch den von 1988 zu. Damals waren es THE POGUES mit ihrem Klassiker "If I Should Fall From Grace With God". Dieses Mal sind es ihre durchaus legitimen Nachfolger PEAT & DIESEL, die mit ihren ersten beiden Alben quasi Instant-Klassiker geschaffen haben. Mit dem einzigen Unterschied , dass es sich bei ihnen um Schotten und nicht um Iren handelt, was dem grundsätzlichen Kult-Charakter der Band keinen Abbruch tut – eher im Gegenteil. Dass beide Alben nicht nur zeitgleich platziert sondern auch nicht mehr ganz taufrisch sind., hat vor allem damit zu tun, dass ich die als Pub-Combo auf der Insel Lewis gestartete Band erst dieses Jahr für mich entdeckte.Inzwischen füllen und begeistern sie in Schottland die größten Hallen, was ihr aktuelles Live-Album nachdrücklich unter Beweis stellt. Endlich mal ein Internet-Hype,der vermutlich nachhaltige Wirkung zeitigt.
Ansonsten war es ein Jahr der leicht oder schwerer enttäuschten Erwartungen. Es gab doch recht viele Alben, denen ich nach dem Lockdown mit heißer Spannung entgegenfieberte, nur um nach dem ersten Anhören festzustellen: "Ganz nett, aber die ganz große Begeisterung fehlt". Das gilt selbst für einige erfolgreiche Alben wie das von MANCHESTER ORCHESTRA , umso mehr für THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA, MANIC STREET PREACHERS oder ABBA - um nur einige Namen zu nennen, die allesamt die Erwartungen nicht komplett erfüllen konnten. Vielleicht waren diese Erwartungen auch im Einzelfall gar nicht erfüllbar oder ich hatte mir einfach mehr erhofft. Es gab mit WOLF ALICE oder LORD HURON dafür mehrere positiv überraschende Neuenteckungen und auch SMITH & THELL, KALEO und THE KILLERS bestätigten den bisherigen guten Eindruck noch einmal nachhaltig mit ihren Veröffentlichungen.
Ob neben dem erstmaligen Doppelerfolg (und Dreifach-Platzierung) von PEAT & DIESEL vom Jahrgang 2021 viel in Erinnerung und in der regelmäßigen Rotation bleiben wird, ist eher zweifelhaft. Es war so eine Art Übergangsjahr, in dem man sich mit dem abgefunden hat, was gerade da und unter den aktuellen Bedingungen möglich war, um sich irgendwie abzulenken. Dafür hat es ausgereicht - aber es kann eigentlich nur besser werden.
Nächste reguläre Ausgabe als Doppelwertung erst gegen Ende Februar.
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